Praxiserfahrungen mit Szarvasi

Bürgerenergieverein Neufahrn veranstaltet energiepolitischen Abend

Der Beitrag von Michael Sterr stammt aus dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt

Neufahrn/Lks. Landshut Man müsse die Möglichkeiten entdecken, die die Natur biete und die Fähigkeiten entwickeln, diese auch zu nutzen – so Norbert Wagner vom Bürgerenergieverein Neufahrn und Umgebung e.V. Er, und sein nicht minder engagierter Sohn Markus, hatten zu einem energiepolitischen Abend für die Umsetzung der Energiewende eingeladen. Was die meisten interessierte? Die Praxiserfahrungen der
beiden Biogasler mit Szarvasi (Riesenweizengras), „einer Alternative zu Mais“, wie die beiden betonten. Argumente dazu lieferte auch Falko Stockmann von C.A.R.M.E.N. aus Straubing. Norbert und Markus Wagner haben das aus Ungarn stammende Energiegras in 2013 angebaut. „Im ersten Jahr gibt es keinen Ertrag“, räumt der Senior ein. Die Pflanze
brauche zwei Jahre, um sich zu etablieren. Doch danach rentiere sie sich. „Sie brauchen keinen Pflanzenschutz mehr, haben einen ausgezeichneten Erosionsschutz und das Szarvasi ist sehr trockentolerant“. Zudem könneman zwei Mal im Jahr ernten. „Das
Gras wurzelt so tief, wie es hoch wird. Bis zu zwei, drei Meter.“ Die Nutzungsdauer
sei auf bis zu zehn Jahre ausgelegt. Versuche in Triesdorf und Auswertungen
von C.A.R.M.E.N. untermauern die Argumente für die Energiepflanze, wie im Vortrag von Falko Stockmann deutlich wurde. Szarvasi sei nur eine von mittlerweile vier verfügbaren Dauernutzungskulturen, trotzdem nicht uninteressant. Die Vorteile seien klar: mehr Akzeptanz aufgrund der erhöhten Biodiversität beziehungsweise Artenvielfalt, ein zusätzliches Blühangebot für Insekten, eine Risikostreuung für den Betreiber durch den Substratmix, eine zusätzliche Barriere für Krankheitsausbreitung sowie die ganzjährige
Bodenbedeckung (Erosions-, Wasserschutz, Schutz von Wildtieren und Bodenleben). Für sie spreche zudem die reduzierte Bodenbearbeitung und der PSM-Einsatz. Stockmann fasst so zusammen: „Ersparnis von Zeit, Kosten, Ressourcen; Humusaufbau und
Arbeitsspitzen & Arbeitserledigungskosten sinken“. Die „Ernte“ fände im besten Fall außerhalb der Brut- und Setzzeiten von März bis Juli statt.
Für Szarvasi spreche außerdem die höhere Toleranz gegenüber klimatischen
Einflüssen wie Trockenheit oder Sturm. Natürlich gäbe es auch Gegenargumente. Die Etablierung sei aufgrund der Keimfähigkeit des Saatgutes und des Saatverfahrens sehr
herausfordernd, die Jugendentwicklung nur sehr langsam. Durch die lange Entwicklungszeit seien die Etablierungskosten damit sehr hoch. Und: „Je nach Standort gibt es schwankende Trockenmasseerträge“. Die Datenlage zur Methanausbeute sei zudem „noch sehr gering“. Bürgermeister Peter Forstner beurteilte „die Zielvorgabe 2023“ für die Energiewende als „sportliches Ziel“ und zeigt sich, ebenfalls wie Gemeinderat Max
Kiendl, Beauftragter der Gemeinde für den Energie- und Umweltausschuss, angetan von der Alternative zu Mais. Wegen des damit verbundenen Erosionsschutzes. Ein Blick über
das Gelände der Wagners macht deutlich, wieso. Das Gemeindegebiet beziehungsweise
das Gelände ringsum ist hügelig. Gegebenheiten, die auch die ebenfalls anwesende Bürgermeisterin Andrea Weiß von der Nachbargemeinde Hohenthann kennt.
Für den zweiten Tagungspunkt des Tages „Flexible Fahrweise einer Biogasanlage“ hätte eigentlich ein Vertreter von NEXT Kraftwerke Köln kommen sollen. Dessen Ausführungen über eine bedarfsgerechte Stromeinspeisung übernahm Markus Wagner. Er erläuterte die
Unterschiede zwischen Arbeitspreis und Leistungspreis, informierte über die Vorzüge einer flexiblen Fahrweise der Anlage und kündigte den erforderlichen nächsten Arbeitsschritt an. „Das Wärmemanagement“ – ein Thema, das auch den Senior sehr beschäftigt: „Wir müssen mehr Wärme an die Bürger abgeben, da diese auch den Bonus unserer Anlagen tragen.“

Die Bilder stammen vom BEV Neufahrn